Wie schaffe ich, dass ich tue, was ich tun sollte? Wie schaffe ich es, dass andere tun, was ich will? Das sind die Lieblingsfragen vieler Trainingsteilnehmer. Ganz egal ob Führungskräfte, Vertriebsmanager, Produkt- oder Projektmanager, die darauf angewiesen sind, dass andere „Mitspieler“ ihren Beitrag leisten.
Eine einfache Antwort kann lauten:
Der natürliche Spieltrieb ist in uns allen angelegt. Menschen lieben es, zu spielen. Dabei geht es um das Erfüllen von Aufgaben, das Meistern von kleinen Challenges, was den „Spieler“ nicht viel mehr kostet als ein wenig Engagement. Danach gibt es sofortiges Feedback in Form einer Belohnung, z.B. durch Sammeln von Punkten. Die Errungenschaft löst in unserem Gehirn einen Belohnungsmodus und damit Freude aus. Und das kann im positiven Sinne süchtig machen. Alles was wir schaffen müssen, ist unser Anliegen mit dem Spieltrieb des anderen zu verknüpfen. Dann sind unsere Partner motiviert, Aufgaben zu erfüllen. Allen ist geholfen.
Gamification heißt diese Form von Magie.
Belohnen Sie die Menschen anstatt sie zu bestrafen und sie folgen Ihnen mit Freuden. Neurologisch ausgedrückt wirkt die Belohnung wie ein kleiner Positiv-Piekser, welcher das Gehirn in den Belohnungsmodus (Reward-Mode) versetzt. Dieser Modus ist viel hilfreicher als die aggressive Angespanntheit des „Thread-Modes“, wenn man sich unter Druck gesetzt oder maßgeregelt fühlt. In der Verhaltensökonomie ist ein ähnliches Konzept unter dem Begriff „Nudging“ populär.
Nudging: Den Spieltrieb wecken, um zu steuern
Spieltriebbeispiele aus der Praxis
Sich selbst motivieren: Kürzlich kam meine 12 jährige Tochter von der Schule nach Hause. Auf der linken Hand hatte sie mit Kugelschreiber gezogene Balken, ähnlich wie die Tatoos von Ötzi. Ich habe sie gefragt, was die Markierungen bedeuten. Sie sagte mir, „Papi, das ist so: Ich gebe mir selbst einen Strich, wenn ich mich im Unterricht melde. Wenn ich drankomme, kriege ich noch einen Strich. Und den dritten Strich bekomme ich, wenn es auch noch richtig ist, was ich sage.“ Wow! Das hat mich beeindruckt. Weil genau das ist Gamification! Da hat es jemand verstanden, sich selbst zu führen und die im Zeugnis als ausbaufähig eingestufte Mitarbeit zu optimieren.
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Andere motivieren: Im professionellen Bereich funktioniert das ganz ähnlich. Im Handel auf der Fläche beispielsweise greift ein Dreierschritt. Ein Mitarbeiter darf einen Chip werfen, wenn er einen Kunden aktiv anspricht (Stop the Traffic). Einen zweiten Chip gibt er sich, wenn er proaktiv ein Zusatzangebot macht. Und den dritten bekommt er, wenn das Angebot auch noch gekauft wird. So läuft das. Und schon fangen die Leute an zu sammeln.
Im Projekt ist es die Ampel-Schaltung in einer Aufgabenliste, in der Teamarbeit wirkt die Spinnweben-Matrix mit Fortschrittsanzeige usw.
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Das Gamification-Rezept zum Nachkochen
Wenn Sie das selbst z.B. für Ihre Akquise oder mit Mitarbeitern ausprobieren wollen, gehen Sie in drei Schritten vor, um den Spieltrieb für Ihre Sache nutzen.
Schritt 1: Zielführende Stufen suchen
Untersuchen Sie Ihr Thema und entdecken Sie die kleinen gewünschten „Fortschritte“. Wann sind Sie Ihrem Ziel einen kleinen Schritt näher gekommen, z.B. bei den Conversions im Funnel? Wann ist ein Mitarbeiter oder ein Prozesspartner aus Ihrer Sicht einen kleinen Schritt Richtung Ziel gegangen?
Schritt 2: Eine pragmatische Währung kreieren
Das sind kleine, zählbare Einheiten für das Erreichen einer Stufe, z.B. Strichlisten, Chips, Checkboxen und ähnliches. Wer seine Hand nicht anmalen will, für den gibt es Papier oder digitale Alternativen, beispielsweise Excel-Tabellen, Apps, CRM-Systeme, etc.
Schritt 3: Den Erfolg sichtbar machen
Visualisieren Sie die Errungenschaften grafisch in Ampeln, Dashboards, Soll-Ist-Kurven, wachsende Balken. Dadurch entsteht der Nudge, der Positiv-Piekser im Gehirn. Denn das Sammeln und Komplettieren bereitet spielerische Freude.
Wer das Erfolgsgefühl noch intensivieren möchte, kombiniert die Visualisierung mit einem Ritual. Dadurch wird die Errungenschaft im Gehirn abermals positiv belegt, weil das Ritual noch weitere Schlüsselreize triggert. Manchmal passt beispielsweise ein Teamritual, damit andere den Erfolg sehen und eine Art „Sieger“ entsteht. Manchmal genügt auch einfach ein Alert am Computer der sagt: „Du hast das Masterlevel erreicht!“ Das ist dann kein Wettbewerb gegen andere, sondern der Sieg über den „inneren Schweinehund“, wenn Sie eine Challenge gemeistert haben.
Wer keine anderen führt, hat sich selbst zu führen
Selbstverständlich funktioniert das Rezept auch, um sich selbst zu motivieren. Ein einfaches Beispiel für den Vertrieb oder Nichtvertriebler, die Projekte akquirieren sollen:
- Nehmen Sie ein Blatt und malen Sie 3 x 5 Kreise darauf.
- Für jeden Call streichen Sie einen Kreis durch. Am Ende des Tages sollen drei Kreise durchgestrichen sein. Fertig.
- Morgen machen Sie das Gleiche wieder. Am Ende der Woche sind mindestens 15 Calls gemacht. Wow!
Oder Sie erstellen einen ausgetüftelten Plan, der Ihre Akquise-Funnels und Sales-Prozesse spiegelt. Zum Beispiel indem Sie sich einen Strich für jeden kontaktierten Lead geben, einen Strich für jeden getätigten Anruf und einen Strich für eine qualifizierte Opportunity. Manche CRM Systeme (z.B. ZOHO) haben das Prinzip bereits fertig implementiert. Während Sie Sales-Calls machen und dazu das System nutzen, erscheint nach einem erledigten Anruf ein Motivation-Alert: „Schon drei Anrufe heute! Noch zwei und du erhältst die Supertrophy.“ Dabei ertappe ich mich, wie mich das durchaus motiviert. „Komm! Einer geht noch! Schwing den Hörer!“