Mein Kleiderschrank ist brechend voll: Unzählige Hemden hängen ordentlich gebügelt und dicht gedrängt auf einer Seite, Jacketts farblich geordnet auf der anderen. Jeans und Anzughosen habe ich bestimmt 15, T-Shirts und Pullis stapeln sich bis zum Rand und meine Schuhe sind auf dem Boden verteilt. Die Auswahl an Kleidungsstücken ist groß, und trotzdem stehe ich jeden Morgen vor demselben Dilemma: Was soll ich anziehen? Ich könnte zwei Wochen lang jeden Tag in einem anderen Outfit das Haus verlassen, aber meistens trage ich eine blaue Hose mit einem weißen Hemd. Das Problem: Mein Kleiderschrank passt nicht in das digitale Zeitalter. Er ist nicht kundenorientiert, intelligent oder auf irgendeine Weise vernetzt. Mein Schrank ist das komplette Gegenteil: Totes Holz, total dumm und hilft mir in keinster Weise beim Ordnen oder Auswählen meiner Klamotten.
Die unterbrochene Customer Journey
Die Erfahrung, die der Kunde auf seiner Customer Journey macht, ist so schlecht, dass das Kundenerlebnis inkonsistent ist. Bei meinem Beispiel gibt es keine Verbindung zwischen der physischen und der digitalen Welt. Wenn ich in ein Geschäft gehe, hat der Verkäufer keine Ahnung, was für Klamotten ich schon habe und was ich gerne trage. Das Gleiche gilt für Herrenausstatter oder online Bestellungen. Außerdem habe ich Sachen in meinem Kleiderschrank, die ich noch nie oder nur selten getragen habe und die noch in einem extrem guten Zustand sind. Ich kaufe also viel zu viel und nutze es dann nicht.
Service mit Lücken
Neue Technologien gibt es bereits, und sie versprechen die Modeindustrie zu revolutionieren. Zum Beispiel künstliche Intelligenz (AI), Augmented (AR) & Virtual Reality (VR), 3D Druck, Smart Data oder Blockchain. In den letzten Jahren haben sich viele Start-ups auf den Markt gedrängt, um einige der Probleme für Kunden zu lösen.
Dazu gehören:
- Presize – misst Ihre Größe, so dass Sie z.B. immer die richtigen Anzüge kaufen
- Stylehacks – schlägt Ihnen Kombinationen von Sachen vor, die Sie schon haben
- Amazon – bietet Stilberatung und Stilchecks an
- Geschickt-Gereinigt – ein deutscher online Wäsche Service
- Stuffstr und Zalando Wardrobe – ein Marktplatz für Consumer, die Anregungen suchen oder Ihre Sachen verkaufen oder gebrauchte Kleidungstücke kaufen wollen.
Das Problem ist jedoch, dass diese Unternehmen nicht miteinander verbunden sind. Man kann sie nur einzeln nutzen, außer Presize.ai, das von E-Shops in ihre Plattformen integriert werden kann. Doch dieser bruchstückhafte Service hilft nur bei einem Teil der Customer Journey. Und hier bietet sich meiner Meinung nach eine tolle Möglichkeit.
Eine Chance für die Zukunft
Mode ist ein wichtiger Teil unseres Lebens. Es ist eine 2,4 Billionen Dollar Industrie. Die meisten Menschen kleiden sich gerne und gut, und trotzdem sind viele dazu unfähig – so wie ich und, wie ich glaube, die Mehrheit aller Männer. Ein digitaler Kleiderschrank wäre die Lösung. Eine Plattform für unterschiedliche Anbieter, die mir bei meinen Kleidungsproblemen helfen könnten.
Businessmodell digitaler Kleiderschrank
Mein digitaler Kleiderschrank könnte zum Beispiel so aussehen: In einer App und im Internet sind alle meine Kleidungsstücke, Einkäufe und andere relevante Informationen wie Größe und Geschmack gespeichert. So kann ich diese Details leicht abrufen oder neue Sachen bestellen. Noch besser wäre natürlich eine Schnittstelle direkt im Kleiderschrank. Die App hat den Vorteil, dass mein digitaler Kleiderschrank in meine Hosentasche passt und ich ihn ständig bei mir habe, beim E-Shopping oder auch beim realen Einkaufen im Geschäft. Das Geniale ist, dass jeder Verkäufer direkten Einblick in meine Garderobe hat und nicht nur die Sachen sieht, die ich gerade trage.
Das Set-up
Das Profil
Hier gebe ich die nötigen Informationen ein: Kreditkartennummer, meine Maße, meine Kleidungsstücke, meine Lieblingsfarben etc. Das Gute: Ich kann mich selbst scannen und habe einen digitalen Avatar.
Das Scannen der Kleidung
Die App ist kinderleicht zu bedienen und nimmt alles auf, was ich in meinem Kleiderschrank liegen und hängen habe, auch Schuhe und Accessoires. Es erkennt Marken, Label, Farben und meinen Stil. Automatisch kategorisiert es die gescannten Sachen und bietet mir eine visuelle Darstellung meiner digitalen Garderobe. Und: Der digitale Kleiderschrank merkt sogar, wenn etwas fehlt und z.B. in der Wäsche ist oder ich es trage.
Digitales Shopping Erlebnis: Dank Digitalisierung Geld sparen und gut aussehen
Wenn ich einkaufen gehe, schlägt meine App mir Kleidung und Accessoires vor, die meine vorhandenen Sachen vervollständigen und die zu meinen Sachen passen. Ich habe einen Shopping-Assistenten. Der virtuelle Berater schlägt mir neue Kleidung vor, errechnet aus meinem Stil, meinen Lieblingsfarben und -stoffen, was mir steht und gefällt. Aber er kann auch mal aus der Reihe fallen und mir etwas ganz modisch Verrücktes vorschlagen, das ich mal ausprobieren sollte. Noch ein Bonus: Ich kann durch meinen virtuellen Avatar sofort sehen, wie ich in diesen Designerfummeln aussehe. Fehleinkäufe können auf null reduziert werden.
Der Stil Assistent
Eine wunderbare Vorstellung. Ich stehe auf, dusche mich und stehe vor meinem Kleiderschrank und bekomme sofort ein Outfit Angebot errechnet unter Berücksichtigung des Wetters und meinen Terminen. Am Wochenende schlägt mir mein Stil Assistent Kombinationen zum Ausprobieren vor. Auf diese Weise lerne ich, was zu mir passt und was ich kombinieren kann.
Wäsche
Ich kann einen Wäscherei Service über mein digitales Portal buchen. Es organisiert die Abholung, Lieferung und Bezahlung.
Ausbessern und Recyceln
Ab und zu müssen Sachen ausgebessert werden. Ich kann ein Foto der beschädigten oder gerissenen Stelle aufnehmen, es hochladen und ein Angebot anfordern. Mein digitaler Assistent managt alles, von der Abholung, Bezahlung bis zur Lieferung der erneuerten Kleidungsstücke. Er schlägt mir aber auch vor wie ich alte Stücke wiederverwerten kann.
Den Kleiderschrank digital aussortieren
Spenden
Mein Kleiderschrank weiß jede Menge über meine Kleidung. Irgendwann kann er auch vorschlagen, Klamotten abzugeben und zu spenden. Er organisiert alles von der Kleiderspende bis zur Abholung. Genauso funktioniert es mit dem Verkauf von Outfits. Manche Stücke sind immer noch gut zu tragen, und die App wird vorschlagen, sie zu verkaufen.
Digitalisierung bietet viele Möglichkeiten
Wäre es nicht herrlich, wenn irgendwo und irgendwer so eine Kleiderschrank App entwickeln und sie bald auf den Markt bringen würde? Ich weiß, dass Zalando Wardrobe in diese Richtung arbeitet. Vor kurzem habe ich ‚Save your Wardrobe‘ entdeckt – ein Start-up, das vielversprechend klingt und genauso zu funktionieren scheint, wie ich es mir vorstelle. Ich freue mich schon darauf, wenn ihre Beta-Version erscheint, vielleicht Ende des Jahres.
In unserem direkten Lebensumfeld gibt es viele Dinge, die durch die Digitalisierung unsere Lebensqualität verbessern könnten und enorme Möglichkeiten für Investitionen und Geschäftsmodelle bieten. Mein Kleiderschrank ist nur ein Beispiel und beruht letztendlich rein auf meinen Erfahrungen. Ich glaube wirklich an das Potential einer solchen Plattform und eines solchen Ökosystems, auch wenn es noch einige Hürden zu überwinden gilt. Bis dahin werde ich leider weiter vor meinem Kleiderschrank stehen und mich fragen, ob es heute blau oder weiß sein soll.