Mein Vater ist ein leidenschaftlicher Spaziergänger. Immer schon gewesen. Ich dagegen nicht. Ich habe immer einen großen Bogen um das Thema „spazieren gehen“ gemacht. Woran das liegt? Vielleicht an der Ziellosigkeit, dem niedrigen Tempo, an den geringen Impulsen. Mir war das lange Zeit zu wenig. Bis jetzt. Ich entdecke „spazieren gehen“ gerade für mich. Oder sagen wir, es entdeckt mich. Und zwar in Verbindung mit Coaching. Diese Kombination gefällt mir sehr gut. Und nicht nur mir.
Würde mehr gegangen, würde mehr gehen*
* Würde mehr gegangen, würde mehr gehen. Der Texter Andreas Schneider hat mir einmal diese Textzeile zum Geburtstag geschenkt mit dem Appell, etwas daraus zu machen. Recht hat er gehabt. Danke Andreas.
Coaching beim Spazierengehen ist nicht zuletzt wegen Corona derart populär. An der frischen Luft zu gehen ist virusfrei und damit in diesen Zeiten angenehm planbar. Spazieren ist immer erlaubt und man kann es guten Gewissens durchführen. Gerade bei akutem Gesprächsbedarf, wenn man sich vom Leben umstellt fühlt, ist das ein erleichternder Gedanke. Gehen geht immer. Walk and Talk.
Aber was steckt noch dahinter, warum schätzen immer mehr Menschen diese Art des Coachings? Ich denke, es ist genau die rechte Mischung aus Fokus und Flow. Fokus im Sinne von Mangel an Ablenkung, und Flow im Sinne von leichten Impulsen für den Gedankengang. Bei einem Gang durch die Natur sind der Schreibtisch mit den ungelösten Themen, die Krise, die Stakeholder mit ihren Erwartungen weit weg. Oft erwähnen Coachees, wenn sie bei mir ankommen, dass ihnen allein schon die Fahrt aus der Großstadt heraus gut getan hat. Gedanken verlangsamen sich, das Karussell dreht sich spürbar ruhiger, pendelt schließlich aus.
Wenn wir dann erst beim Spazieren sind, ob am See, im Wald oder über die Felder, kommen leichte Anregungen – Bilder aus der Natur im stetigen, sachten Tempo – auf uns zu. Das regt an. Gedanken bleiben im Fluss. Man vertieft ein Thema. Bleibt unbewusst stehen, schaut sich an, versucht offene Fragen über Sachverhalte im Blickkontakt zu klären. Wie auf ein Signal schreitet man wieder weiter. Und wenn man auf emotional belastende Themen stößt, dann macht das Herz wieder auf, wenn hinter der nächsten Kurve der Blick weit wird und die Bergkette in der Nachmittagssonne zu sehen ist.
Da schrumpft so mancher bedrückende Gedanke in seiner Bedeutung. Wenn man berührt ist von Schönheit in der Natur, erhält die Wichtigkeit des Moments mehr Stellenwert. Ablenkung ist zwar keine Lösung. Aber es tut manchmal einfach gut. Und dann, ganz unerwartet, öffnen sich Räume, Gedanken fließen, Puzzleteile fallen an ihren Platz. Neue Ideen können entstehen. Kraft strömt.

Der Anblick der Berge in der Nachmittagssonne lässt das Herz aufgehen
Denken und Dialog im Gehen als altbewährtes Konzept
Nicht umsonst haben auch andere bereits das Denken und Sprechen für tiefere Einsichten im Gehen praktiziert.
Der Philosoph Aristoteles pflegte seine Vorlesungen mit seinen Studenten im Gehen abzuhalten. Auch der Philosoph Jean-Jacques Rousseau hat geschrieben: „Ich kann nur beim Gehen nachdenken. Bleibe ich stehen, tun dies auch meine Gedanken.“
Gehmeditation wird auch in Religionen und fernöstlichen Philosophie praktiziert. Praktizierende berichten, dass sich die Gedanken mit dem Schritttempo kontrollieren lassen. Hier findest du eine Anleitung für Gehmeditation. Der gewünschte Zusammenhang zwischen dem Gehen und Denken ist offensichtlich.

Walk and Talk rund um den Maisinger See
Neurologie – neue Belege für alte Einsichten
Ich habe Lutz Pickhardt aus unserem Team gefragt. Er ist Neuro-Experte und hat seine ganz eigenen Belege für „Coaching im spazieren gehen“.
Georg Schuster: „Lieber Lutz, gibt es objektive Belege, weshalb sich Coaching beim Gehen so gut anfühlt?“
Lutz Pickhardt: „Die Gehirnforschung hat in den letzten zwei Jahrzehnten sprunghaft mehr Erkenntnisse erbracht. Ursache ist die in den 1980er Jahren begonnene Einführung der so genannten bildgebenden Verfahren. Hierdurch wurde die Forschung erstmals in den Stand versetzt, selbst kleinste Gehirnabschnitte von Größenordnungen unterhalb eines Milliliters auf Durchblutung und Stoffwechsel untersuchen zu können. Somit können wir im Scanner Gehirnaktivitäten im Scanner messen, nachdem der Proband mit bestimmten Reizen oder Informationen ausgesetzt wurde.“
„So hat sich innerhalb von 20 Jahren das gesamte Weltbild zur Struktur und Funktion des menschlichen Gehirns geändert. Was aber bedeuten diese neuen Erkenntnisse aus der Wissenschaft für Coaching in Bewegung? Was hat Bewegung mit Lernen zu tun? Eine neue Disziplin der Hirnforschung, die Bewegungsneurowissenschaft, liefert Antworten auf diese Fragen. Es zeigt sich, dass körperliche Aktivität wie Gehen eine positive Wirkung auf unterschiedliche neurobiologische Prozesse im Gehirn hat. Die Bewegungsneurowissenschaft liefert zahlreiche Hinweise, wie wichtig regelmäßige Bewegung für emotionale Prozesse, Gedächtnis- und Lernleistungen sowie Kreatives Denken ist. Deshalb sage ich: Coaching in Bewegung bringt die Gedanken in Gang und manchmal sogar auf die Sprünge!“

Spazieren gehen macht kreativer, so Dr. Chuck Hillman von der University of Illinois
Die sozialen Folgen von Corona holen uns gerade ein
Wir nehmen derzeit einen steigenden Bedarf an Coaching wahr, in Verbindung mit einem Wechsel der Themen. Während im März noch Führen auf Distanz und Funktionieren in der Krise gefordert war, weicht dies mehr und mehr einer Auszeit aus der Omniverfügbarkeit. Quality-Time. Ein Aufklaren des Lebens.
Doppelrolle von Beruf und Familie war schon vor Corona nicht einfach. Doch durch die Trennung der sozialen Systeme wie Büro, Kinderbetreuung, Schule und Zuhause noch einigermaßen zu managen. Im New Normal lösen sich jedoch die Grenzen der Systeme zunehmend auf, die Systeme verschwimmen. Die ständige Verfügbarkeit kommt hinzu. Es breitet sich der Mantel des Chaos über der Familie aus. Was als Freude über die neu gewonnene kleine Freiheit im Homeoffice begann, endet mittlerweile in einer neuen ungekannten Form von Belastung und Erschöpfung. Was uns zu der These veranlasst: Das Risiko für Burnout wird im Homeoffice noch höher werden als im Büro.
Omniverfügbarkeit überall für jeden zu jederzeit über jeden Kanal
Vor diesem Hintergrund des sich immer mehr verdichtenden Alltags, werde sogar ich zum Spaziergänger. Und Ihnen wünsche ich es auch – ob mit oder ohne Coach. Lassen Sie sich nicht unterkriegen.

Der Alltag verdichtet sich
Und wenn es doch mal zu viel wird, dann sind wir für Sie da.
Wir begleiten Sie.
Zu folgenden Themen.
In folgenden Revieren:
alle Seen des Fünfseenlands, Isar, Haidhausen und Schwabing.
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Coaching on Demand